Rede Berthold Keunecke

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

  es ist kalt geworden in Deutschland und in der Welt. Der Wind bläst uns ins Gesicht – der kalte Wind des Militarismus, des Krieges mit seiner ganzen Eskalationsdynamik, der kalte Wind des Bellizismus in den Talkshows … Seit Russland mit dem offenen Angriff auf die Ukraine die Eskalationsspirale in die Höhe geschraubt hat, die Eskalation in dem schon lange währenden Konflikt, seitdem droht uns der Sturmwind des Krieges zu zerreißen.

Aber ich bitte Sie und euch: spürt den festen Boden unter unseren Füßen – wir stehen hier, mit beiden Beinen auf der Erde, schützen uns gegenseitig ein bisschen vor dem kalten Wind, und können anderen Halt geben, die so leicht mitgerissen werden von der Macht der Eskalationsdynamik. Spürt den festen Boden der Solidarität und des Friedenswillens, der eigentlich so stark ist in unserem Land!

Wir stehen hier für Frieden, für Deeskalation und Verhandlung. Frieden braucht Worte statt Waffen!

In heutigen Kriegen gibt es keine Sieger! In der Ukraine wird es keine Sieger geben, wie es in Vietnam keine Sieger gegeben hat, weder in Afghanistan noch in Syrien – Krieg bringt nur Tod, Verzweiflung und Verlust, Krieg bringt Gewaltregime an die Macht. Ganz besonders aber in der Ukraine: Wo immer noch weitere Eskalationsmöglichkeiten des Militärs bestehen, bis hin zum Atomwaffeneinsatz, wo die Wünsche nach immer mehr Waffen in den Himmel schießen – da kann der einzige Weg zum Frieden nur der Weg der Deeskalation sein.

 Die Zeitenwende, die Kanzler Scholz vor einem Jahr ausgerufen hat, liegt noch in der Zukunft. Seit Präsident Busch nach den Terroranschlägen vom 11. September das erste mal eine Zeitenwende ausgerufen hat, hat sich der Krieg intensiviert. Erst Krieg gegen den Terror, jetzt Krieg gegen Russland. Es gibt da fast keine Gewinner, nur die Rüstungsindustrie. Wir, die kleinen Leute  sind jedenfalls immer die Verlierer. Die Zeitenwende steht noch aus – die Zeiten wenden sich, wenn wir die Institution Krieg abschaffen, dann, wenn wir Streitschlichtung nicht nur an Schulen, sondern auch in der internationalen Politik einüben und praktizieren! Diese Zeitenwende steht noch aus, und ich bete und hoffe, dass sie vor dem Einsatz von Atombomben zu schaffen ist!

 Dafür muss die Eskalation des Ukrainekrieges gestoppt werden. Die von China angekündigte Friedensinitiative kann da helfen. Sie sollte auf alle Fälle unterstützt werden!

Die Eskalation muss einfach gestoppt werden.  Das ständige Reden über die Schuld am Krieg hilft da nicht. Schuldzuweisungen sind meist ein Eskalationsmittel. Wir kennen das doch auch aus unseren privaten Konflikten. Beschuldigungen bringen nicht weiter. Deeskalation heißt, auch eigene Fehler zu kommunizieren. Deeskalation heißt, dass Sanktionen mit Angeboten verbunden werden, terminiert werden: Lässt du die Waffen schweigen, dann nehmen wir die ersten Sanktionen zurück! Zieht ihr euer Militär zurück, dann lassen wir weitere Sanktionen nach!  Das ist der Weg zum Frieden: Worte statt Waffen! Verhandlungen statt Eskalation! – Eigentlich wissen das die meisten Leute, es wird nur durch die Kriegsrhetorik oft verdeckt.

    Wir haben heute so viele Kenntnisse über die Entwicklung und Bearbeitung von Konflikten – wir haben festen Boden unter den Füßen. Wenn der kalte Wind weht, müssen wir uns manchmal biegsam zeigen – aber bitte nicht den Boden unter den Füßen verlieren!

 Ich bin ja vom Sommer bis Mitte Januar barfuß gelaufen, als Buße für zu wenig Friedensarbeit, als meinen Beitrag zur Deeskalation. Dann bin ich krank geworden und habe gemerkt, dass ich nicht barfuß demonstrieren gehen kann bei dieser Kälte. Ich habe gemerkt: Wir haben festen Boden unter den Füßen, können biegsam sein, aber nicht den Bodenhalt verlieren! 

 Auch wenn der Wirbelwind des Rechtspopulismus uns umweht. Die AfD will keinen Frieden, auch wenn sie sich uns jetzt anbiedert. Sie will Aufrüstung, und sie will Putin unterstützen. Sie meint, im Krieg könne es Sieger geben. Ein gefährlich kalter Wirbelwind. Lasst uns den festen Boden spüren unter unseren Füßen – lasst uns biegsam sein, aber uns nicht mitreißen lassen!

Der Feste Boden heißt: Frieden braucht Worte statt Waffen! Keine weiteren Torpedierungen von Waffenstillstandsverhandlungen, wie Boris Johnsson es Anfang April getan hat!  Wenn es von China jetzt einen Friedensplan gibt, braucht er alle Unterstützung!  Dafür stehen wir hier – unser Beitrag zum Frieden: Worte statt Waffen!

–  Wir ermutigen uns gegenseitig, weiter für Deeskalation zu werben – auch angesichts von Anfragen und Anfeindungen selbst von uns nahestehenden Menschen.

– Wir solidarisieren uns mit allen, die sich für die Menschenrechte engagieren in Russland, in der Ukraine und in Belarus. Unsere Solidarität gilt in besonderer Weise allen Kriegsgegner*innen und Kriegsdienstverweigerern in allen kriegsbeteiligten Ländern.

– Wir erinnern an die wirklich gefährlichen Krisen: Klimakatastrophe und weltweites Unrecht: Wir brauchen da all unsere Kräfte und Ressourcen, die derzeit in der Ukraine für den Krieg verfeuert werden.      –   Darum stehen wir hier, fühlen in allen Krisen den festen Boden der Solidarität unter unseren Füßen und fordern: Frieden durch Worte statt Waffen, jetzt!

(Berthold Keunecke)