Rede Ostermarsch Bielefeld 8.04.2023
Krieg tötet. Krieg führt direkt in die Klimakatastrophe
Unsere Perspektive: Frieden und Zusammenarbeit mit friedlichen Mitteln!
Wir fordern von der Regierung Putin den Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine
Mit jedem Tag, den der Ukraine-Krieg länger dauert, kommen mehr Menschen ums Leben, werden körperlich verletzt oder psychisch traumatisiert. Schon jetzt wird die Zahl der getöteten Soldaten mit ca. 150.000 auf jeder Seite geschätzt. Die Zahl der getöteten ukrainischen Zivilist*innen wird von der UN mit ca. 7.000 Menschen beziffert, mehr als 10.000 Zivilist*innen seien verletzt. Wie viele Menschen vorzeitig gestorben sind, weil es keine medizinische Hilfe gab, ist unklar. Denn es wurden bisher laut Bericht der Weltgesundheitsorganisation 740 Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen bombardiert.
Der Zermürbungskrieg zwischen Russland und der Ukraine ist zerstörerisch und blutig, und mit jedem Tag, den der Krieg andauert, wächst das Risiko, dass sich der Krieg auf andere Staaten ausweitet oder zum Atomkrieg eskaliert.
Es sieht so aus als hätten wir nur die Wahl zwischen zwei großen Übeln: Erstens, der Krieg geht noch Jahre weiter mit Hundertausenden Toten und Zerstörung. Dann sehen Kiew, Odessa, Lemberg und andere Städte so aus wie Grosny nach dem Zweiten Tschetschenienkrieg. Wer hätte da gewonnen? Oder aber die Regierung Putin greift, weil sie sich durch eine technisch überlegene und kluge Kriegsführung der Ukraine extrem in die Ecke gedrängt fühlt, doch zur Atomwaffe.
Waffenruhe und Verhandlungen wären hingegen das relativ bessere Szenario. Aber wie kommen die Kriegsparteien dorthin?
Um Auswege aus dem Ukrainekrieg zu verstehen, braucht es aus friedenslogischer Sicht eine mehrdimensionale Konfliktbeschreibung, die alle nicht nur regionale sondern globale Auswirkungen zeigen:
- Der zwischenstaatliche Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Für die Ukraine geht es um ihre staatliche Souveränität. Sie möchte ihr Territorium in den Grenzen von 2013 behalten, vor der Krimannexion, einschließlich der Ostukraine. Russland wiederum geht es um seine imperiale Mission. Russlands Kriegsziele heißen: so viel vom Territorium der Ukraine einkassieren wie es im Angriffskrieg möglich ist. Im Klartext: es geht um die Regionen Luhansk, Donezk, Saporishshja und Cherson, die Russland als russische Gebiete in seine Staatliche Verfassung aufgenommen hat.
- Der territoriale Konflikt zwischen der Ukraine und Russland mit seinen internationalen Auswirkungen:
Erstes Stichwort Kornkammer Ukraine und Hunger in vielen Ländern des globalen Südens.
Zweites Stichwort: fossile Ressourcen für Aufrüstung – konventionell und atomar sowie Auswirkungen auf die globalen fossilen Lieferketten von Öl, Gas, Kohle und Atom.
Die IPPNW sagt: Globale Auswirkungen brauchen auch globale Lösungen.
- Globale Machtstrukturen im neuen Kalten Krieg: Rivalität zwischen den Atommächten USA, China und Russland. Die USA und mit ihr das Militärbündnis NATO, das oft als „der Westen“ oder mit „das westliche Bündnis“ bezeichnet wird. Dabei gerät die nukleare Dimension der NATO – mit drei Atommächten als Mitgliedstaaten – leicht in den Hintergrund. Russland droht bekanntlich mit einem Atomwaffeneinsatz, um seine Macht als Atommacht zu demonstrieren. Diese Drohung ist an die NATO gerichtet, von der Russland als Kontrahent auf Augenhöhe anerkannt werden will. Die Gefahr einer Eskalation in den Atomkrieg ignoriert Russland dabei. Zwischen China und den USA besteht eine ausgeprägte Rivalität, besonders in Wirtschaftsfragen. Eine gemeinsame Initiative für eine nukleare Deeskalation im Ukrainekrieg fehlt.
- Der NATO-Russland-Konflikt und Europa: Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion misslang der Aufbau einer Sicherheitsarchitektur zwischen dem Militärbündnis NATO und Russland. Beide Seiten wollten ihre unterschiedlichen Sicherheitsinteressen nicht respektieren. Beide Seiten haben schon lange vor dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 versagt. Es begann mit der Aufkündigung des ABM -Vertrages im Jahr 2002 durch die USA, weil diese ein neues Raketenabwehrsystem installieren wollten. Später wurden weitere internationale Rüstungskontrollverträge aufgekündigt, z.B. der INF-Vertrag durch die Regierung Trump. Zuletzt setzte die Regierung Putin im Februar dieses Jahres die Teilnahme am NEW START Vertrag aus.
Die IPPNW setzt mit ihren Vorschlägen auf der internationalen Ebene an: Die USA und China müssen gemeinsam konkrete Schritte zu atomarer Deeskalation und Rüstungskontrolle machen. Politischer Wille vorausgesetzt, könnten sie vorschlagen, dass alle fünf Atommächte – Russland eingeschlossen – auf den Ersteinsatz bzw. den Einsatz mit Atomwaffen verzichten. Denn schon ein begrenzter Atomkrieg würde katastrophale Klimaauswirkungen haben und zu einer globalen Hungersnot führen.
Wir fordern:
1. Russland auf, den Angriffskrieg zu beenden und seine Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen
2. Verstärkte internationale diplomatische Anstrengungen für Waffenstillstand und Frieden. Durch die Bundesregierung, die EU, durch die USA und China und die UNO – die sich an Russland und die Ukraine richten. Es gilt Schritte von Kooperation und gemeinsames Handeln auszuloten statt weiter auf Rivalität und Fortsetzung des Krieges zu setzen und dabei auf übergeordnete gemeinsame Ziele zu fokussieren.
3. Globale atomare Abrüstung aller Atomwaffenstaaten. Eine solche internationale Initiative muss gemeinsam von den. Atommächten USA und China. auf den Weg gebracht werden Deutschland als NATO -Mitglied muss parallel dazu konkrete Schritte zum Atomwaffenverbotsvertrag machen, um auch seinen Willen zu atomarer Abrüstung zu zeigen. !
Solche Schritte werden nicht leicht sein und brauchen einen langen Atem.
Der Ukrainekrieg hat viele globale Konflikte und Krisen sichtbar gemacht, die verdrängt werden. Hunger und Armut – und vor allem die fortschreitende Klimakatastrophe. Krieg und Militär tragen mit 6 % der globalen CO2 Emissionen massiv zur Klimakatastrophe bei. Militärische Emissionen verhindern schützt das Klima und bedeutet Frieden schaffen. Friedensbewegung, Klimabewegung und die Bewegungen für soziale Gerechtigkeit müssen deshalb gemeinsam neue Lösungen zu finden.
Mit der Klimabewegung und den Gewerkschaften fordern wir Globale Abrüstung für Klima und Frieden! Globale Abrüstung, für die sozial-ökologische Transformation.
Zum Schluss noch einige sehr konkrete Vorschläge, wie die sozialen Bewegungen gemeinsam für Frieden, Klima und soziale Gerechtigkeit eintreten können:
- Wir in der Friedensbewegung unterstützen die Beharrlichkeit der Streikenden von Verdi und ihre Forderungen. Und umgekehrt sagt der Deutsche Gewerkschaftsbund: wir müssen mehr Diplomatie wagen.
- Wir unterstützen die Beharrlichkeit der Klimakämpfer*innen in Lützerath und anderswo und fordern die Bundesregierung auf: Hände weg vom Klimaschutzgesetz. Der Verkehrsminister muss endlich liefern!
- Wir ermutigen die Flüchtlinge und darunter besonders die Frauen aus aller Welt: Ihr habt ein Recht auf Frieden, deshalb flieht ihr vor dem Krieg hierher. Wir fordern von der Bundesregierung deshalb ein Asyl- und Bleiberecht für alle Flüchtlinge, nicht ausschließlich für diejenigen aus der Ukraine.
- Wir ermutigen die Deserteure aus Russland, aus der Ukraine, aus Eritreia und anderen Ländern, sich nicht zwangsrekrutieren lassen.
Wir alle haben ein Recht auf Leben, auf Frieden. Deshalb setzten wir uns ein für: Frieden mit friedlichen Mitteln!