Rede Florian Straetmanns

(Florian Straetmanns für Die Linke. KV Bielefeld)

Liebe Friedensfreunde und – freundinnen!
Der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine zieht sich nun seit 20 Monaten hin. Die Verurteilung Russlands ist zwar richtig, nützt aber wenig zur Beendigung des Krieges.
Die militärische Lage ist trotz aller Erfolgsmeldungen der Ukraine so, dass kaum ein Experte mit einem schnellen Erfolg der Ukraine rechnet und von einem langjährigen Krieg ausgegangen wird. Weiter noch: Es ist überhaupt unwahrscheinlich, dass es in diesem Krieg einen Sieger geben wird.
Daher gilt: Wer weiteres Sterben verhindern will, hat keine Alternative zu Verhandlungen.
In den Medien wird oft so getan, als sei der Aggressor Russland das Hindernis für Verhandlungen. Und in der Tat vertritt Russland weiterhin Maximalforderungen, etwa die
Anerkennung der Donbass-Annexionen. Wenn man genau liest, hat Russland seine Maximalforderungen aber nicht zur Vorbedingung von Verhandlungen gemacht. Der russische
Außenminister Lawrow hat nun vor 3 Tagen zu erkennen gegeben, dass der Kernpunkt für Russland die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine ist – ich meine: das ist eine gute Grundlage für Verhandlungen. Man sollte diese Gelegenheit nicht vertreichen lassen und gerade durch Verhandlungen überprüfen, ob sich ein Kompromiss erzielen lässt.
Es stimmt zugleich skeptisch, dass die Verhandlungsangebote der Ukraine stets an weitreichende Vorbedingungen geknüpft sind, inbesondere den vollständigen Rückzug der russischen Truppen. Wenn man sich die gegenwärtige militärische Lage vor Augen hält, ist das völlig unrealistisch. Ein evt. Verzicht Russlands auf seine Eroberungen stünde nie am Beginn von Verhandlungen, sondern wenn überhaupt, nur an deren Ende. Solche Vorbedingungen zu stellen, ist im Klartext ein Nein zu Verhandlungen.
Wie kommt die Ukraine zu dieser Position? Viel hängt von den Unterstützern der Ukraine ab. Sie bestimmen im Grunde mit über die Frage der Verhandlungen. Wie sieht es mit ihrer
Verhandlungsbereitschaft aus? – Wir müssen uns daran erinnern, dass die USA und Großbritannien letztes Jahr Verhandlungen verhinderten. Es war zwar auch damals unklar,
ob die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine überhaupt zu einem Erfolg führen könnten, also zu einem Waffenstillstand und zu weitergehenden Verhandlungen. Aber
die Chance wäre da gewesen und man hat sie verstreichen lassen. Jedoch ist eines klar: Die Strategie der USA und ihres engsten Verbündeten Großbritannien setzt auf die Fortsetzung
des Krieges, nicht auf Verhandlungen. Man könnte ja meinen, dass die Scharfmacher im Westen auf einen militärischen Sieg setzen. Wenn aber auch nach Meinung von US-Militärs eine militärische Entscheidung unwahrscheinlich ist – woran besteht dann die Strategie der
USA? Worin besteht der Sinn, Verhandlungen abzulehnen? Aus der US-Administration kommen immer wieder Stimmen, die Russland in einen langen Abnutzungskrieg zwingen wollen um
schließlich einen Regimewechsel herbeizuführen. Und das scheint am wahrscheinlichsten, denn das Verhalten der USA entspricht dem.
Wir halten dem entgegen: Wenn man ein sinnloses Sterben auf beiden Seiten verhindern will, muss jetzt den Versuch machen den Krieg durch Verhandlungen zu beenden. Und erst recht,
wenn er militärisch nicht zu gewinnen ist. Es liegen die zerstörerischen Folgen dieses Krieges auf der Hand:
Die Lebenslage der breiten Bevölkerung wird verschlechtert, weil immer mehr Resourcen in die Rüstung gehen.
Die ökologischen Krise kann ohne internationale Zusammenarbeit nicht gelöst werden – der Klimawandel ist nicht zu bewältigen, wenn die wichtigten Länder der Erde nicht zusammenarbeiten.
Die Verlängerung des Krieges ist weder im Interesse der Menschen in Ukraine und Russland, die großenteils nicht freiwillig in den Krieg ziehen.
Der Krieg schädigt auch die Interesse der hiesigen Bevölkerung: Der Krieg und die mit ihm verbundene Zerschneidung der Wirtschaftsbeziehungen lassen die Lebenshaltungskosten in die Höhe schnellen und gefährden Arbeitsplätze in Deutschland und in Europa.
Der Krieg ist auch nicht im Interesse der Europäer insgesamt: Die schon jetzt sichtbare Anlehnung an die USA führt zu einer Unterordnung unter die Interessen der USA,
zur Mitwirkung in ihren Kriegen und zur Beteiligung an dem Kalten Krieg gegen China. .
Lasst es uns allen Menschen in unserem Bekanntenkreis, lasst es uns Freunden, Verwandten, Kolleg*innen deutlich sagen: Die Verhinderung von Verhandlungen ist weder moralisch
gerechtfertigt noch liegt sie in unserem Interesse!